Probezeit: Rechte und Pflichten während der Erprobungsphase
Was gilt während der Probezeit im deutschen Arbeitsrecht
Die ersten Monate eines neuen Arbeitsverhältnisses sind sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer eine besondere Zeit des Kennenlernens. Diese Erprobungsphase bringt spezifische Rechte und Pflichten mit sich, die sich deutlich von einem regulären Arbeitsvertrag unterscheiden. Während dieser Zeit gelten besondere Kündigungsmodalitäten und rechtliche Bestimmungen, die beide Vertragsparteien kennen sollten.

[fs-toc-h2]1. Was ist die Probezeit und welche gesetzlichen Grundlagen gelten?
Ein Arbeitsverhältnis auf Probe ermöglicht es beiden Vertragsparteien, sich gegenseitig kennenzulernen und zu prüfen, ob die Zusammenarbeit langfristig funktioniert. Die rechtlichen Grundlagen finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in § 622 Abs. 3 BGB, der die besonderen Kündigungsfristen während dieser Anfangsphase regelt.
Der Vertragseinstieg beginnt grundsätzlich mit dem ersten Arbeitstag und muss ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Ohne schriftliche Vereinbarung gibt es keine Erprobung im rechtlichen Sinne. Das bedeutet, dass mündliche Absprachen nicht ausreichen und die regulären Kündigungsfristen gelten würden.
Eine wirksame Vereinbarung erfordert:
- Schriftliche Fixierung im Arbeitsvertrag
- Klare zeitliche Begrenzung (maximal 6 Monate)
- Eindeutige Formulierung der Klausel
- Beidseitige Zustimmung zur Vereinbarung
- Einhaltung der gesetzlichen Höchstdauer
Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass während der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses eine Erprobungsphase vereinbart werden kann. Diese Zeitspanne darf nicht überschritten werden, auch nicht durch nachträgliche Verlängerungen oder neue Vereinbarungen. Der Arbeitnehmerschutz bleibt während dieser Zeit weitgehend bestehen, auch wenn verkürzte Kündigungsfristen gelten.
[fs-toc-h2]2. Kündigungsmodalitäten und Fristen im Probearbeitsverhältnis
Die Kündigungsfristen unterscheiden sich erheblich von den regulären Fristen nach § 622 BGB. Während der Erprobungsphase kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Diese verkürzte Kündigungsfrist gilt unabhängig davon, wer die Vertragsauflösung ausspricht.
Auch Arbeitnehmer profitieren von der verkürzten Kündigungsfrist und können mit einer zweiwöchigen Frist das Arbeitsverhältnis beenden. Dies bietet Flexibilität, falls sich herausstellt, dass die Position nicht den Erwartungen entspricht. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und dem Vertragspartner zugehen.
Ein bestimmter Kündigungsgrund ist während dieser Phase nicht erforderlich, allerdings dürfen keine diskriminierenden Motive vorliegen. Der besondere Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift erst nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit. Wichtig ist auch die Beachtung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).
Grundregeln für Kündigungen:
- Kündigungsfrist: 2 Wochen für beide Seiten
- Schriftform zwingend erforderlich
- Kein besonderer Kündigungsgrund notwendig
- Diskriminierungsverbot bleibt bestehen
- Kündigungsschutzgesetz gilt noch nicht
- Betriebsrat muss angehört werden (falls vorhanden)
Praktischer Tipp: Dokumentieren Sie alle wichtigen Gespräche und Bewertungen während der Erprobungsphase, um bei eventuellen rechtlichen Fragen gut vorbereitet zu sein.
[fs-toc-h2]3. Wie lange dauert die Probezeit maximal?
Die gesetzliche Höchstdauer beträgt sechs Monate und ist in § 622 Abs. 3 BGB festgelegt. Diese Begrenzung ist zwingend und kann nicht durch Arbeitsverträge oder Tarifverträge verlängert werden. Arbeitgeber können jedoch eine kürzere Dauer vereinbaren.
Häufig werden Zeiträume von drei oder vier Monaten gewählt, je nach Position und Einarbeitungsaufwand. Wichtig ist, dass die Erprobung vom ersten Arbeitstag an läuft und nicht durch Krankheit, Urlaub oder andere Abwesenheiten verlängert wird.
Eine nachträgliche Verlängerung ist grundsätzlich nicht möglich. Selbst wenn beide Parteien zustimmen würden, wäre eine solche Vereinbarung unwirksam, da sie gegen die gesetzliche Höchstdauer verstoßen würde. Einzige Ausnahme bilden längere Krankheitsausfälle, die in seltenen Fällen eine Neubewertung rechtfertigen können.
Wichtiger Hinweis: Arbeitgeber, die versuchen, die gesetzliche Höchstdauer zu umgehen, riskieren die Unwirksamkeit der gesamten Probezeitklausel. In diesem Fall gelten von Beginn an die regulären Kündigungsfristen.
Bei befristeten Arbeitsverträgen gelten besondere Regelungen. Die Erprobungsphase darf nicht länger als ein Fünftel der Gesamtvertragsdauer betragen. Bei einem zweijährigen befristeten Vertrag wären also maximal vier Monate zulässig. Diese Regel stellt sicher, dass das befristete Arbeitsverhältnis nicht durch eine unverhältnismäßig lange Anfangsphase ausgehöhlt wird.
[fs-toc-h2]4. Welche Rechte haben Arbeitnehmer in der Erprobungsphase?
Die Rechte sind umfassender, als viele Arbeitnehmer vermuten. Trotz der erleichterten Kündigungsmöglichkeiten haben Beschäftigte während dieser Zeit nahezu alle Rechte eines regulären Arbeitnehmers. Dazu gehören Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsgewährung und Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen.
Der Urlaubsanspruch entsteht bereits während der ersten Monate. Pro Monat erwirbt der Arbeitnehmer ein Zwölftel des Jahresurlaubs. Bei einer dreimonatigen Dauer stehen somit bereits drei Zwölftel des jährlichen Urlaubsanspruchs zu. Diese Ansprüche können auch bei einer Kündigung abgegolten werden.
Das Recht auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht grundsätzlich ab dem ersten Arbeitstag. Allerdings greift die sechswöchige Entgeltfortzahlung nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz erst nach vierwöchiger Betriebszugehörigkeit. In den ersten vier Wochen haben Arbeitnehmer dennoch Anspruch auf Entgeltfortzahlung, allerdings in geringerem Umfang.
Arbeitnehmerschutz-Bestimmungen gelten uneingeschränkt auch während der Anfangsphase. Dies umfasst Arbeitszeit-, Jugendarbeitsschutz- und Mutterschutzbestimmungen. Schwangere Arbeitnehmerinnen genießen besonderen Kündigungsschutz, auch wenn sie sich noch in der Erprobung befinden. Die Mitbestimmung des Betriebsrats bleibt ebenfalls vollständig erhalten.
Beachten Sie: Viele Arbeitnehmer sind sich nicht bewusst, dass sie auch in der Anfangsphase Anspruch auf Weiterbildungsmaßnahmen und betriebliche Sozialleistungen haben, sofern diese im Unternehmen üblich sind.
[fs-toc-h2]5. Arbeitgeberpflichten und rechtliche Grenzen während der ersten Monate
Die Arbeitgeberpflichten unterscheiden sich kaum von denen in einem regulären Arbeitsverhältnis. Vorgesetzte müssen eine angemessene Einarbeitung gewährleisten, Arbeitsschutzmaßnahmen umsetzen und die vereinbarte Vergütung pünktlich zahlen. Eine ordnungsgemäße Einarbeitung ist besonders wichtig, da Arbeitgeber ihre Kündigungsentscheidung nicht auf mangelnde Leistungen stützen können, wenn sie selbst keine adequate Einführung in die Tätigkeiten gewährleistet haben.
Feedbackgespräche sollten regelmäßig stattfinden, um beiden Seiten Transparenz über den Leistungsstand zu geben. Diese Gespräche dienen nicht nur der Leistungsbeurteilung, sondern auch dem Aufbau einer vertrauensvollen Arbeitsbeziehung.
Diskriminierende Behandlungen sind unzulässig, ebenso wie unverhältnismäßige Überwachungsmaßnahmen oder die Verweigerung von gesetzlich zustehenden Rechten. Der Arbeitgeber darf die Anfangsphase nicht als Vorwand nutzen, um arbeitsrechtliche Standards zu umgehen.
Besondere Vorsicht ist bei der Kündigung von Schwangeren, Schwerbehinderten oder Betriebsratsmitgliedern geboten. Hier greifen auch während der ersten Monate besondere Schutzbestimmungen, die eine ordentliche Kündigung erschweren oder unmöglich machen können. Bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten sollten beide Seiten frühzeitig rechtlichen Rat einholen.
Praktischer Tipp: Führen Sie ein Arbeitstagebuch, in dem Sie wichtige Ereignisse, Gespräche und Arbeitsaufträge dokumentieren. Dies kann bei späteren Meinungsverschiedenheiten hilfreich sein.
[fs-toc-h2]6. Unterschied zwischen befristetem Arbeitsverhältnis und Erprobungsphase
Der Unterschied wird oft missverstanden, da beide Vertragsformen zeitliche Begrenzungen beinhalten. Ein befristetes Arbeitsverhältnis endet automatisch mit Ablauf der vereinbarten Zeit, während die Erprobungsphase lediglich eine besondere Anfangszeit mit erleichterten Kündigungsbedingungen darstellt.
Bei der Erprobung handelt es sich um einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit einer besonderen Anfangsphase. Nach Ablauf gelten die regulären Kündigungsfristen und der Kündigungsschutz greift vollständig. Ein befristeter Vertrag hingegen kann nur unter besonderen Voraussetzungen vorzeitig gekündigt werden.
Die Kombination beider Elemente ist möglich: Ein befristeter Arbeitsvertrag kann eine Erprobungsphase enthalten. In diesem Fall gelten während der ersten Monate die erleichterten Kündigungsregeln, danach ist eine ordentliche Kündigung nur noch bei wichtigem Grund möglich.
Befristeter Vertrag:
- Endet automatisch zum Stichtag
- Keine ordentliche Kündigung möglich
- Vorzeitige Beendigung nur bei wichtigem Grund
- Verlängerung nur unter bestimmten Voraussetzungen
Erprobungsphase:
- Teil eines unbefristeten Vertrags
- Verkürzte Kündigungsfristen (2 Wochen)
- Übergang in reguläres Arbeitsverhältnis
- Kein besonderer Kündigungsgrund erforderlich
Die rechtlichen Konsequenzen unterscheiden sich erheblich, weshalb Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag genau prüfen sollten, welche Vereinbarung getroffen wurde.
Achtung: Bei kombinierten Verträgen (befristet mit Erprobungsphase) können sich komplexe Kündigungsszenarien ergeben. Lassen Sie sich im Zweifel vor Vertragsunterzeichnung beraten, um spätere Überraschungen zu vermeiden.
[fs-toc-h2]7. Besondere Situationen und Sonderfälle in der Anfangsphase
Verschiedene Sondersituationen können während der ersten Monate auftreten, die besondere rechtliche Bewertungen erfordern. Längere Krankheitsausfälle führen nicht automatisch zu einer Verlängerung, können aber die Beurteilungsgrundlage des Arbeitgebers beeinträchtigen.
Bei Schwangerschaft greift der besondere Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz. Eine ordentliche Kündigung ist dann grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund vor, der auch außerhalb der Schwangerschaft zur Kündigung berechtigen würde.
Die Mitbestimmung des Betriebsrats spielt auch während der Anfangsphase eine wichtige Rolle. Bei Kündigungen muss der Betriebsrat angehört werden, auch wenn der besondere Kündigungsschutz noch nicht greift. Eine Kündigung ohne ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung ist unwirksam.
Aufhebungsverträge stellen eine Alternative zur Kündigung dar. Sie ermöglichen eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung von Kündigungsfristen. Allerdings sollten Arbeitnehmer die sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen bedenken, da Aufhebungsverträge zu Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld führen können.
Wenn Sie sich unsicher über Ihre Rechte sind, kann eine professionelle Beratung zu Kündigungsfristen hilfreich sein, um individuelle Situationen zu klären.
Praktischer Tipp: Bei gesundheitlichen Problemen während der ersten Monate sollten Sie Ihren Arbeitgeber zeitnah informieren und ärztliche Atteste vorlegen, um Missverständnisse zu vermeiden.
[fs-toc-h2]8. FAQ: Häufige Fragen zur Erprobungsphase im Arbeitsrecht
Muss die Probezeit schriftlich vereinbart werden?
Ja, die Erprobungsphase muss zwingend schriftlich im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Mündliche Absprachen sind rechtlich unwirksam, und ohne schriftliche Vereinbarung gelten die regulären Kündigungsfristen von mindestens vier Wochen zum 15. oder Monatsende.
Welche Kündigungsfristen gelten in der Probezeit?
Während der ersten Monate gilt für beide Vertragsparteien eine einheitliche Kündigungsfrist von zwei Wochen. Diese Frist kann nicht durch Arbeitsverträge oder Tarifverträge verkürzt werden, aber eine Verlängerung zugunsten des Arbeitnehmers ist möglich.
Wie lange darf die Probezeit maximal sein?
Die gesetzliche Höchstdauer beträgt sechs Monate. Diese Grenze ist zwingend und kann auch durch beiderseitige Vereinbarung nicht überschritten werden. Kürzere Dauern sind jederzeit möglich und oft üblich.
Welche Besonderheiten gelten während der Probezeit?
Besonderheiten umfassen verkürzte Kündigungsfristen, fehlenden Kündigungsschutz nach dem KSchG, aber vollständige Anwendung aller anderen arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie Entgeltfortzahlung, Urlaubsanspruch und Arbeitsschutzvorschriften.
Wann endet die Probezeit automatisch?
Die Erprobungsphase endet automatisch nach Ablauf der vereinbarten Dauer, spätestens nach sechs Monaten. Eine Verlängerung ist grundsätzlich nicht möglich. Ab diesem Zeitpunkt gelten die regulären Kündigungsfristen und der vollständige Kündigungsschutz.
[fs-toc-h2]Fazit: Erfolgreiche Gestaltung der ersten Arbeitsmonate
Die Anfangsphase bietet beiden Vertragsparteien die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis auf eine solide Grundlage zu stellen. Arbeitgeber können die Eignung neuer Mitarbeiter prüfen, während Arbeitnehmer die Arbeitsplatzbedingungen und das Arbeitsumfeld kennenlernen. Entscheidend ist die Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen und die faire Gestaltung dieser besonderen Phase. Bei komplexeren Fragen sollten Sie umfassende Rechtsberatung in Anspruch nehmen, um Ihre Interessen optimal zu wahren.
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